Fast jeder Fotograf, der sich für Landschaftsfotografie interessiert, hat schon mal was von Polfiltern, Graufiltern oder Verlaufsfiltern gehört. Schließlich gehören sie zum Repertoire vieler Landschaftsfotografen und füllen zahllose Filtertaschen auf der ganzen Welt.
In der Zunft der Landschaftsfotografen weniger bekannt sind wohl Black Mist Filter. Üblicherweise werden diese in der Portraitfotografie oder der Videographie eingesetzt. Ich bin das erste Mal über diese Filter gestolpert als ich anfing mich für die Aufnahmeseite von Musikvideos zu interessieren du recherchierte, was ich alles gerne für die Videos meiner eigenen Band haben wollen würde. Schnell stieß ich drauf, dass Videographen Black Mist Filter nutzen, um Spitzlichter und Tiefen zu kontrollieren. Denn rein technisch gesehen sind Black Mist Filter quasi Diffusionsfilter, die Lichter und Schatten weichzeichnen und dadurch den Konstrastumfang der aufgenommenen Szene etwas verringern.
Üblicherweise werden dabei im Herstellungsprozess verschiedene Schichten auf ein Glas aufgetragen und kleine Partikel miteingearbeitet, diese brechen das Licht und erzeugen so eine Weichzeichnung der Spitzlichter und das Ausbluten der Schatten. Mit anderen Worten eine sehr kontrastreiche Szene wird etwas durch das Verwaschen der stärksten Luminanzanteile kontrastärmer. Für Videographen ist das praktisch, da die dynamische Reichweite von digitalem Filmmaterial normaler DSLRs oder Mirrorless Kameras nicht so groß ist wie bei einem Foto, oder gar einer HDR Aufnahme (von speziellen Videokameras von RED oder Black Magic mal abgesehen). Doch emuliert dieser Effekt ebenso den Look alten Analogmaterials und daher wird der Black Mist Filter sehr gerne auch wegen seines ‚filmischen Looks‘ eingesetzt. Etwas was in unseren Musikvideos aus stets Verwendung fand.
Die Namensgebung des Filters ist dabei nicht immer gleich, je nach Filterhersteller können die Filter unterschiedliche Namen haben, doch meist findet sich das Wort „Mist“ (zu deutsch Dunst) irgendwo im Namen. Ich nutze hier den Namen Black Mist, da ich mir diese Filter von meinen Partnern bei Haida habe schicken lassen und somit die Nomenklatur von Haida verwende. Hier wird der sonst übliche Black Mist Filter zum Mist Black Filter umbenannt.
Es gibt die Filter in unterschiedlichen Stärken, welche üblicherweise in Bruchzahlen angegeben werden, wie etwa ¼, oder ½. Je mehr Partikel in den Schichten ‚eingestreut‘ werden, desto stärker der Diffusionseffekt. Es gibt auch Firmen die Stärken anbieten, die fast alles verschwimmen lassen, was ich aber nicht sonderlich praktikabel finde.
Apropos Praktikabilität: Wo genau liegt denn nun eigentlich der nutzen für die Landschaftsfotografie? Meine Überlegung hinter diesem Test war, dass es zurzeit oftmals ein probates Mittel vieler Fotografen ist einen sogenannten Highlight Bloom (oder eben das Ausbluten der Lichteranteile im Bild) später in der Bildbearbeitung zu nutzen, um ausgebrannten – oder zumindest sehr hellen – Lichtern einen angenehmeren Look zu geben. Das menschliche Auge mag in der Regel keine krassen Tonwert Übergänge (unser Auge ändert dann die Lichtempfindlichtkeit automatisch, sodass wir solche Kanten in unserer Wahrnehmung nicht erzeugen können) und daher sind ausgebrannte Stellen ’schöner‘, wenn es einen graduellen Verlauf von der umliegenden Farbe zu komplettem Weiß (RGB 255|255|255) gibt. Der gerade genannte Highlight Bloom erzeugt eben genau diese Übergänge. Ebenso wird dieser Effekt oft dafür genützt die Schatten etwas aufzuhellen.
Ich persönlich nutzte diesen Effekt auch bei bestimmten Bildern, etwa Waldszenen, bei denen der Himmel durch das Blätterdach lugt, oder Spitzlichter im Wasser etwas zu hart wirken. Die kleinen weißen Flecken zwischen den Blättern stören den Blick, da sie oft wegen der daraus resultierenden Mikrokontrasten den Blick ungewollt auf sich ziehen können.
Darüber hinaus verwenden viele Landschaftsfotografen unserer Tage den sogenannten Orton Effekt (nach dem kanadischen Fotografen Michael Orton benannt, welcher ein scharfes und ein unscharfes Bild ineinander belichtet um einen träumerischen Look zu gewinnen), welcher als Diffusor für alle Anteile des Bildes agieren kann, wenn er nicht etwa durch eine Luminanz-Maske begrenzt wird. So versuchen viele Fotografen einen träumerischen Look für ihr Bild zu kreieren, teils erfolgreich, meist eher weniger erfolgreich, denn ich sehe den Effekt meistens viel zu übertrieben eingesetzt, um dort Atmosphäre zu schaffen, wo keine war. Vielleicht kann ja der Mist Black Filter von Haida hier Abhilfe schaffen?
Die Idee dahinter die Black Mist Filter von Haida zu testen, kam mir als ich mich auf meinen Regenwald Kanada Trip vorbereitete und mich fragte, ob diese Filter nicht für die Waldfotografie praktisch seinen, denn hier habe ich wie bereits angesprochen öfters Probleme mit Spitzlichtern im Blätterdach, oder anderen Kleinigkeiten. Diese auszubalancieren, dabei sollten mir die Black Mist Filter doch sicher helfen?
Kurzerhand fragte ich meinen Kontakt bei Haida, ob sie mir nicht ein paar Filter rüberschicken könnten, im Ausgleich teile ich nun meine Erfahrungen und Beispielbilder mit Euch. Gefragt, getan.
Zunächst sollte ich wohl den Elefanten im Raum adressieren: Im Gegensatz zu dem mit etwas Hintergrundwissen leicht erzeugbaren digitalen und zu kontrollierenden Effekt in Photoshop und Co, muss ich mich bei den Filtern vor der Kamera bereits vor der Aufnahme für eine Diffusionsstärke entscheiden. Ich habe mir einen 1/8 und einen ¼ Filter zuschicke lassen, da ich mir dachte, dass weniger meist mehr ist und ich nur einen subtilen Effekt haben wollte, um das jeweilige Bild nicht zu stark durch den Look alleine definieren zu lassen.
Hier folgend ein paar Beispiele zwischen Bildern mit Filter und ohne besagten Filter:
Hier ist leicht erkennbar, insbesondere in der oberen rechten Ecke wie die Spitzlichter weicher werden und das Bild etwas an globalem Kontrast verliert, allerdings nicht so viel, dass es negativ auffällt. Den Kontrast kann man einfach mit einer kleinen Korrektur wiederherstellen, der softe Look des ¼ Mist Black Filters hingegen bleibt. Hier finde ich der Filter bietet einen deutlichen Mehrwert für meine ästhetische Wahrnehmung.
Wenn man bei einer einfachen Aufnahme wie dieser eines gefrorenen Wasserfalls schaut, wie sich das Histogramm verhält ist leicht zu erkennen, dass obwohl sich das Umgebungslicht nicht verändert, hat der Kontrastumfang minimal zusammengerückt ist. Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen 1/8 Filter. Es ist ein minimaler Effekt aber doch klar erkennbar.
Etwas subtiler ist der 1/8 Filter von Haida bei dieser Aufnahme eines Flusses in Kanada. Hier ist er kaum bemerkbar, aber kann dennoch einen leichten Weichzeichner erzeugen. Hier am besten in den Schatten zu erkennen, insbesondere in der Oberen rechten Ecke – Daher hier noch mal die 100% Ansicht für die obere Rechte Ecke. Dabei sei erwähnt, dass in diesem Fall noch einen Graufilter im Haida M10 II Halter hatte, und bei jedem der hier gezeigten Bilder ebenso ein Polfilter mit von der Partie war, da ich fast immer mit einem Polfilter fotografiere. Diese Filter beeinflussen sich jedoch nicht gegenseitig, sodass das Ergebnis der Verlgeichsbilder nicht beeinflusst wird.
Dieses Bild zeigt sehr gut, wie die Schatten leicht aufgehellt werden. Ebenso lässt es Rückschlüsse auf einen weiteren wichtigen Faktor zu, den Schärfeverlust des Filters. Wie zu erwarten, gibt es eine geringfügige Abnahme der Schärfe, doch diese ist nicht signifikant, und kann ebenso leicht wiederhergestellt werden. Dennoch sollten Pixelpeeper wohl auf diesen Filter verzichten, denn mit zunehmender Stärke wird Nachschärfen nötig. Dabei sei gesagt, dass diese 100% Ansicht in keinster Weise geschärft wurde und das 24-120 von Nikon ohnehin nicht die optisch beste Linse ist; besonders nicht an einer 45MPx Kamera wie der Nikon D850.
Auf dieser 100% Ansicht ist gut zu erkennen wie der Filter die Spitzlichter in die umgebenen Schatten der Bäume ausbluten lässt und so einen weicheren Übergang erzeugt, ohne das die Schärfe dabei signifikant leidet. Eines der Szenarien in denen ich den Filter wirklich schön finde.
Nun ist natürlich die Frage, ob wie bei diesem Bild die Lichterdiffusion angenehm ist und global betrachtet einen ästhetischen Vorteil bietet. Letzten Endes ist der Einsatz in der Landschaftsfotografie wie in der Videographie oder bei Hochzeitsportraits eine Geschmacksfrage. Ich persönlich finde für Waldaufnahmen bietet er Potenzial. Aber ob er sein Geld Wert ist obliegt doch jedem selbst. Ich werde ihn wohl in meiner Tasche behalten, für die eine oder andere Waldaufnahme, denn dort macht er meiner Meinung nach durchaus Sinn.
Im Vergleich eine klassische Landschaftsaufnahme mit einer weiten Sicht und typischem Bildaufbau. Der ¼ Mist Black Filter bringt das Alpenglühen tatsächlich zum Glühen im wahrsten Sinne des Wortes. Die Schatten werden aufgehellt, aber der Uferbewuchs wirkt leicht wachsig und undefiniert. Hier wäre der Effekt also besser aufgehoben, wenn er sich auf den oberen Bildteil beschränkte. Etwas das in der Bildbearbeitung kein Problem wäre, aber mit dem Filter sichtlich schwierig wäre. Zwei Belichtungen zu machen, eine mit und eine ohne Black Mist Filter und diese später zu kombinieren wäre eine Möglichkeit, jedoch könnte ich dann ebenso gut andere Methoden anwenden um den Effekt direkt digital zu erzeugen und räumlich zu beschränken.
Darüber hinaus hat man natürlich den Vorteil, dass wenn man sich gar nicht mit Nachbearbeitung auseinandersetzen möchte, die Lichterdiffusion auch in seinen JPGs hätte und so nicht mal das digitale Negativ antasten müsste, um diese nutzbar zu machen.
Als letztes noch ein Vergleich des Filters mit dem Dunst Entfernen Regler aus Lightroom, da dieser die wohl einfachste Möglichkeit ist, den Diffusionslook des Haida Mist Black Filters nachzuahmen. Natürlich gibt es noch allerlei andere Möglichkeiten, vom bereits erwähnten Orton Effekt bis hin zum Glamour Glow in Nik Color Effex.
Was hier an der Stelle nicht klar zu erkennen ist, ist dass ich ein paar Änderungen über -40 Dunst entfernen hinaus machen musste, um einen übereinstimmenden Look zu erzeugen, da der Lightroom Regler einiges an Saturation und Kontrast entfernt aber die Spitzlichter (hier oben am Bildrand gut zu erkennen) nicht ausbluten lässt, ist eine genaue parallele hier nicht zu ziehen. Mit Tiefen -20 und Dynamik +30 hingegen, sieht der Effekt schon sehr ähnlich aus. Er ist also recht einfach rekonstruierbar, doch gerade bei starken Lichtern wird man in Lightroom oder Photoshop doch etwas mehr Aufwand treiben müssen um die Spitzlichter ausbluten zu lassen.
Bei Strukturaufnahmen ohne direkte Spitzlichter ist die Emulation des Filters etwas einfacher. Bei diesem Bild reichten etwa Dunst-30 und eine Belichtungskorrektur von -0,3EV dafür aus, den Effekt des Haida Mist Black Filters zu emulieren.
Fazit:
Was für viele Videografen ein Tool ist einen cineastischen Look zu kreieren und dem Filmlook alter Tage hinterher zu eifern, scheint für mich ein zweischneidiges Schwert für Landschaftsfotografie. Ich finde es schön den Highlight Bloom zu bekommen ohne Luminanzmasken in Photoshop oder meine Actions für Orton Effekt und Co heraussuchen zu müssen, doch die Tatsache, dass das gesamte Bild gleichmäßig betroffen ist, birgt Risiken. Ein größeres Maß an Kontrolle ist etwas das ich persönlich immer zu schätzen wusste und so würde ich wohl dazu neigen den Filter selten einzusetzen, z.B. wenn die Szenerie nicht zu viel Tiefe hat, denn normalerweise sollten die Detailschärfe und der Bloom mit zunehmendem Abstand zur Linse zunehmen und nicht uniform sein. Dann würde er sich verhalten wie wir es von echtem Dunst (‚Mist‘) erwarten würden. Diese Tiefeninformationen kann der Filter natürlich nicht verarbeiten.
Aber es gibt noch einige Szenarien, in denen ich den Mist Black Filter nicht getestet habe, etwa in der Astrofotografie und bei klassischen Gegenlichtaufnahmen. Daher werde ich den Filter noch so einige Male verwenden und ihn in diesen Situationen ebenso probieren, um zu schauen, wie mir dessen Effekt gefällt. Des Weiteren muss ich noch ein paar Experimente anstellen wie der Filter sich verhält, wenn man ihn nur für einige wenige Sekunden bei einer Langzeitbelichtung für die oberen, üblicherweise helleren Anteile des Bildes verwendet, um den Effekt händisch zu kontrollieren und ihn nicht im Halter fest montiert z u haben.
Auf jeden Fall hatte ich Spaß mit dem Filter zu experimentieren und einige Aufnahmen zu machen, welche ich sonst vielleicht nicht gemacht hätte. Denn oftmals ist es das resultierende Experiment, was eine Neuanschaffung für mich rechtfertigt. Ob sich eine Anschaffung für Eure Landschaftsfotografie rechtfertigt, müsst ihr natürlich selbst entscheiden, aber nun habt ihr schon mal einen Erfahrungsbericht mehr auf den ihr bei der Entscheidungsfindung zurückgreifen könnt.
Falls ihr mal auf der Seite von Haida Deutschland vorbei schauen wollt, könnt ihr das hier machen: Haida Deutschland
Den Filter findet ihr hier: Haida Mist Black 100mm 1/4
Und den kleinen Bruder gibts hier: Haida Mist Black 100 1/8